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Nominee 1999

Ultraschnelle Lichtweiche

Ultraschnelle Lichtweiche für Kommunikationsnetze: Lösungen auch für das Internet der Zukunft

Prof. Dr. Hans-Georg Weber (Spokesperson)
Dr. Reinhold Ludwig
Stefan Diez
Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik Berlin GmbH, Berlin

(f.l.t.r.) Prof. Dr. Hans-Georg Weber, Stefan Diez, Dr. Reinhold Ludwig

Technisch veraltete Schalterelemente erweisen sich als Hemmnis für die Weiterentwicklung des Internets. Wie lässt sich diese Barriere aus dem Weg räumen?

Hans-Georg Weber, Reinhold Ludwig und Stefan Diez verfolgen diesen Ansatz: Schalter, die nicht, wie bisher üblich, elektrisch, sondern mit Licht arbeiten. Hans-Georg Weber ist Forschungsgruppenleiter am Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik und außerplanmäßiger Professor für Physik an der TU Berlin. Reinhold Ludwig und Stefan Diez sind als Wissenschaftliche Mitarbeiter am Heinrich-Hertz-Institut tätig.

Signalwandlung bremst den Datenstrom

In den weltumspannenden Kommunikationsnetzen wie dem Internet überträgt man die Daten heute meist per Lichtstrahl über Glasfasern. Die Verarbeitung der Daten in den Netzknoten jedoch erfolgt noch immer elektrisch.

Dazu müssen die Daten zuerst von einem optischen in ein elektrisches Signal verwandelt, elektrisch verarbeitet und danach wieder einer Lichtwelle aufgeprägt werden. Da der globale Datenverkehr - stimuliert etwa durch Filme und Animationen, die via Internet übertragen werden - stark zunimmt, erweist sich diese umständliche Signalverarbeitung zunehmend als Hindernis.

Ein viel versprechender Ansatz zur Lösung dieses Problems und damit zu einer effizienteren Nutzung der Übertragungskapazität von Glasfasern, besteht darin, die langsamen elektrischen durch ultraschnelle optische Schaltelemente zu ersetzen. Die nominierten Forscher haben dafür eine neuartige Lichtweiche entwickelt. Sie eignet sich zum Schalten von optischen Signalen in wenigen Pikosekunden (Billionstelsekunden) und soll Daten mit Raten von über 100 Gigabit pro Sekunde verarbeiten.

Hohes Tempo, geringes Rauschen

So kurze Schaltzeiten lassen sich nur realisieren, indem Licht durch Licht geschaltet wird. Die Lichtweiche des Heinrich-Hertz-Instituts besteht dazu ausschließlich aus optischen Komponenten. Ihr Vorteil gegenüber elektrischen Schaltern ist neben der weitaus höheren Verarbeitungsgeschwindigkeit ein deutlich einfacherer Aufbau. Außerdem wird ihre Schaltfunktion nicht vom Datensignal gestört, die Bandbreite bei der Signalverarbeitung ist extrem groß, Rauschen und Übersprechen sind dagegen gering.

In Tests konnten die Forscher zeigen, dass die neue Lichtweiche allen bisherigen Verfahren weit überlegen ist. Sie könnte künftig als sehr kompakte Komponente auf einem optischen Chip integriert werden - was eine kostengünstige Herstellung in großer Stückzahl und viele kommerzielle Anwendungen ermöglichen würde. Die Innovation ist durch zwei Patente abgesichert. Ein Beleg für ihren Erfolg ist die Gründung der LKF-Advanced Optics GmbH, einem Spin-Off-Unternehmen der Berliner Forschergruppe.

Das Vorschlagsrecht zum Deutschen Zukunftspreis obliegt den führenden deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Stiftungen.

Das Projekt "Ultraschnelle Lichtweiche für Kommunikationsnetze - Lösungen auch für das Internet der Zukunft" wurde von der Leibniz-Gemeinschaft vorgeschlagen.

Weitere Details

Lebensläufe

Prof. Dr. Hans-Georg Weber

30.12.1940
geboren in Troppau
1952 – 1960
Gymnasium in Offenbach am Main
1961 – 1968
Studium der Mathematik und Physik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Philipps-Universität Marburg, Staatsexamen
1968 – 1971
Promotion in Physik an der Philipps-Universität Marburg
1972 – 1976
Habilitation in Physik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
1977 – 1978
Max Kade-Stipendiat an der Stanford University, USA
1979 – 1984
Heisenberg-Stipendiat am Physikalischen Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
seit 1985
Leiter einer Forschungsgruppe am Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik in Berlin
seit 1996
apl. Professor für das Fach Physik an der Technischen Universität Berlin

Ehrungen:

1999
Philip Morris Forschungspreis

Dr. Reinhold Ludwig

14.08.1952
geboren in Lahnstein
1959 – 1967
Schule in Niederlahnstein
1967 – 1971
Lehre als Elektroinstallateur, Gesellenbrief
1967 – 1971
Berufsaufbauschule Lahnstein, Fachschulreife
1971 – 1974
Studium an der Fachhochschule Koblenz, Diplom (FH)
1974 – 1985
Studium an der Technischen Universität Berlin, Diplom (TU)
1975 – 1979
Tutor und Direktoriumsmitglied am Institut für theoretische Elektrotechnik der Technischen Universität Berlin
1979
Freier Mitarbeiter bei Siemens, Berlin
1979 – 1984
Studentischer Mitarbeiter am Institut für Luft- und Raumfahrt der Technischen Universität Berlin
seit 1985
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik in Berlin
1991
Forschungsaufenthalt bei NTT Opto-Electronics Lbs., Atsugi, Kanagawa, Japan
1993
Promotion an der Technischen Universität Berlin
1993
Forschungsaufenthalt bei AT&T Bell Labs., Crawford Hill Lab, Holmdel, N.J., USA
seit 1996
Geschäftsführer der Fa. LKF Advanced Optics GmbH, Berlin
1998
Forschungsaufenthalt im Rahmen des Visiting Research Scholarship Program bei Fujitsu Labs, Kawasaki, Japan

Ehrungen:

1999
Philip Morris Forschungspreis

Stefan Diez

6.12.1969
geboren in Dresden
1976 – 1984
Polytechnische Oberschule in Dresden
1984 – 1988
Spezialschule mathemathisch-naturwissenschaftlich-technischer Richtung „Martin Andersen Nexö“ in Dresden Abitur 1988
1989 – 1992
Studium der Physik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und an der Technischen Universität Berlin
1992 – 1993
Als Fulbright-Stipendiat Studium der Physik und Biophysik an der University of Washington, Seattle, USA
1993 – 1996
Studium der Physik an der Technischen Universität Berlin Diplom 1996
1993 – 1996
Studentischer Mitarbeiter am Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik in Berlin
1996
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Optischen Institut der Technischen Universität Berlin
seit 1997
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik in Berlin

Ehrungen:

1997
Newport–Nachwuchsförderpreis
1998
Symposiumspreis der Rank Prize Funds
1999
Philip Morris Forschungspreis

Kontakte

Projektsprecher:

Prof. Dr. Hans-Georg Weber
Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik Berlin GmbH
Einsteinufer 37
10587 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 31 00 24 43
Fax: +49 (0) 30 / 31 00 26 09
E-Mail: hgweber@hhi.de

Dr.-Ing. Reinhold Ludwig
LKF Advanced Optics GmbH
Mauschbacher Steig 16
13437 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 40 39 76 81
Fax: +49 (0) 30 / 40 39 76 82
E-Mail: ludwig@hhi.de

Pressekontakt:

Dr. Wolf v. Reden
Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik Berlin GmbH
Einsteinufer 37
10587 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 31 00 23 30
Fax: +49 (0) 30 / 31 00 26 09
E-Mail: reden@hhi.de

Beschreibung der Institute und Unternehmen zu ihren nominierten Projekten

In heutigen Kommunikationsnetzen erfolgt die Datenübertragung auf Glasfasern im optischen Bereich. Die Datenverarbeitung in den Netzknoten wird jedoch noch immer auf elektrischem Wege ausgeführt. Dazu müssen die Daten zuerst aus dem Optischen ins Elektrische gewandelt, elektrisch verarbeitet und danach wieder ins Optische umgesetzt werden. Da derzeit ein starkes Anwachsen des Datenverkehrs, stimuliert durch das Internet und andere Multimedia-Anwendungen, zu verzeichnen ist, wird die elektrische Signalverarbeitung in den Netzknoten zunehmend zum begrenzenden Faktor in den Kommunikationsnetzen.

Ein vielversprechender Ansatz zur Lösung dieses Problems und damit zur effizienten Nutzung der Übertragungskapazität der Glasfaser besteht darin, die elektrische Signalverarbeitung in den Netzknoten durch ultraschnelle optische Signalverarbeitung zu ersetzen.

Die hier beschriebene Lichtweiche wurde für diese Aufgabe entwickelt. Sie ist für das Schalten optischer Datensignale im Pikosekundenbereich geeignet und soll Daten mit Datenraten von mehr als 100 Gigabit pro Sekunde verarbeiten. Um derart kurze Schaltzeiten zu realisieren, wird das Prinzip des rein-optischen Schaltens eingesetzt, bei dem Licht durch Licht geschaltet wird. An der Verwirklichung derartiger ultraschneller Schaltverfahren arbeiten mehrere internationale Gruppen in Europa (z.B. British Telecom, Alcatel, ETH Zürich), den USA (z.B. Lucent, AT&T, MIT) und Japan (z.B. NTT, Fujitsu, FESTA) mit hoher Intensität. Es gelang diesen Gruppen bisher jedoch nicht, die breite Palette der Anforderungen an einen derartigen Schalter zu erfüllen. Insbesondere stören die optischen Datensignale in allen bisher in Halbleitertechnologie entwickelten Schaltern das Schaltverhalten selbst und erlauben daher keine Kombination von Wellenlängenmultiplex-Technik und Zeitmultiplex-Technik, die für die Bewältigung des erwarteten hohen Datenverkehrs erforderlich ist.

Die am Heinrich-Hertz-Institut entwickelte Lichtweiche besteht aus einem rein-optischen Schalter, einer optischen Pulsquelle und einer optischen Taktrückgewinnung. Der rein-optische Schalter nutzt den nichtlinearen optischen Effekt der Kreuzphasenmodulation in einem optischen Halbleiterverstärker. Mit Hilfe einer Interferometer-Anordnung (z.B. Mach-Zehnder-Interferometer) wird die Phasenmodulation in eine Amplitudenmodulation (Schalten) umgesetzt.

Um die Schwierigkeiten der konventionellen Schalter zu vermeiden, wurde von uns das neuartige Konzept eines Gewinn-Transparenten Schalters eingeführt und zum Patent (DE 198 05 413.0) angemeldet. Bei dem neuen Schalter wird ein optischer Halbleiterverstärker in das Interferometer eingesetzt, dessen Gewinnmaximum bei einer bedeutend kürzeren Wellenlänge als der Wellenlänge der Datenpulse liegt. Damit ist der Schalter für die Datenpulse transparent, da deren photonische Energie unterhalb der Bandkantenenergie des Halbleitermateriales liegt. Der optische Steuerpuls ist dem verwendeten optischen Halbleiterverstärker angepasst. Er induziert eine Gewinnänderung und eine spektral viel breitere Brechzahländerung, die ausreichend ist, um die Datenpulse zu schalten.

Ein weiteres zentrales Element für die Lichtweiche und darüber hinaus für die gesamte optische Übertragungstechnik ist eine vielseitige optische Pulsquelle. Eine solche wurde in der Arbeitsgruppe in Form eines durchstimmbaren, modemgekoppelten Halbleiterlasers mit externem Resonator entwickelt. Diese Pulsquelle findet Einsatz sowohl bei der Erzeugung der optischen Daten- und Steuerpulse als auch bei der Taktrückgewinnung.

Das Gesamtsystem wurde in der Funktion als optischer Schalter und „Sortierer“‘ (Demultiplexer, Add/Drop-Multiplexer) für Datenraten bis 640 Gigabit pro Sekunde getestet. Als weitere Anwendungsmöglichkeit der Lichtweiche wurde der Einsatz als Abtaster von optischen Signalen mit einer Auflösung von weniger als einer Pikosekunde demonstriert. Eine derartige Technik wird speziell zur Qualitätsüberwachung von hochratigen optischen Übertragungssystemen benötigt. Die Lichtweiche hat darüber hinaus das Potential, als sehr kompakte, photonisch integrierte Komponente auf einem optischen Chip realisiert zu werden. Eine kostengünstige Herstellung in großer Stückzahl wäre dann denkbar und würde weitere kommerzielle Anwendungsmöglichkeiten eröffnen.

In allen demonstrierten Anwendungen konnte gezeigt werden, dass die entwickelte Lichtweiche bisher bekannten Verfahren weit überlegen ist und durch ihre neuartigen Merkmale eine Reihe von Applikationen erst möglich macht. Die Vorteile gegenüber elektrischen Schaltern liegen in einer um vieles höheren Verarbeitungsgeschwindigkeit und in einem deutlich vereinfachten Aufbau. Im Vergleich zu bisherigen optischen Lösungen zeichnet sich die Lichtweiche dadurch aus, dass ihre Schaltfunktion unabhängig von der Leistung des optischen Datensignals ist (linearer Schalter) und dass die transmittierten Datensignale durch den Schaltvorgang nicht gestört werden. Zusätzliche Vorteile sind eine extrem große optische Signalbandbreite, geringes Rauschen und geringes Übersprechen. Die große optische Signalbandbreite macht die Lichtweiche insbesondere für kombinierte Zeitmultiplex- und Wellenlängenmultiplex-Systeme vorteilhaft.

Die Lichtweiche ist eine ingenieurwissenschaftliche Innovation, die zu einem Produkt geführt hat, das für die Kommunikationssysteme der Zukunft von großer Bedeutung ist. Die Innovation ist bereits durch zwei Patente abgesichert, die im Besitz des Heinrich-Hertz-Instituts und der Firma LKF-Advanced Optics GmbH sind. Das Interesse an diesem Produkt ist schon jetzt groß, wie weltweite Nachfragen aus Instituten und der Industrie nach Preis und Lieferbarkeit der Lichtweiche zeigen. Die Resonanz auf die Innovation im ingenieur- und naturwissenschaftlichen Umfeld ist durch mehrere eingeladene Konferenzbeiträge über die Entwicklungsarbeiten, durch zahlreiche Veröffentlichungen und durch Hinweise in der nationalen und internationalen Presse belegt. Besonders wird das Interesse der Industrie daran sichtbar, dass die Firma Alcatel für die technologische Entwicklung des rein-optischen Schalters schon jetzt Geld investiert, indem sie ein Projekt am Heinrich-Hertz-Institut finanziert. Im Rahmen dieses Projektes soll der Gewinn-Transparente Schalter als monolithisch integrierter Chip realisiert werden.

Ein weiterer Erfolg der Innovation zeigt sich in der Gründung der Firma LKF-Advanced Optics GmbH, einer Spin-off Firma unserer Arbeitsgruppe. Diese Firma ist am Patent des rein-optischen Schalters beteiligt und vermarktet schon heute eine Teilkomponente der Lichtweiche, die optische Pulsquelle. In Reaktion auf die große Nachfrage an dem innovativen Produkt hat die LKF-Advanced Optics GmbH bereits neue Arbeitsplätze geschaffen.

Da die Anzahl der Aufträge jedoch noch immer die Produktionskapazitäten der Firma übersteigt, ist eine baldige Expansion nicht auszuschließen. Zu den bisherigen Abnehmern der Pulsquelle zählen neben renommierten Forschungsinstituten wie das Massachussetts Institute of Technology (MIT) in Boston (USA) auch namhafte nationale und internationale Telekommunikationsfirmen und Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom AG (DTAG), British Telecom (BT) und die japanische Nippon Telephone and Telegraph Corporation (NTT) in Japan.

Informationen und Kontakt zum Deutschen Zukunftspreis unter:

E-Mail: info@deutscher-zukunftspreis.de
Internet: www.deutscher-zukunftspreis.de

Das Vorschlagsrecht zum Deutschen Zukunftspreis obliegt den führenden deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Stiftungen.

Das Projekt „Ultraschnelle Lichtweiche für Kommunikationsnetze - Lösungen auch für das Internet der Zukunft“ wurde von der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz vorgeschlagen.

Nominiert 1999 · TEAM 1