
Nominee 2003
Präventives PKW-Insassenschutzsystem

Diesen Fragen gingen Rodolfo Schöneburg, Karl-Heinz Baumann und Thomas Breitling auf den Grund. Das Resultat ist ein innovatives System, das erstmals Aktive und Passive Sicherheit im Auto verbindet. Rodolfo Schöneburg leitet das Center Sicherheit/Fahrzeugfunktionen innerhalb der Pkw-Entwicklung MCG/D der DaimlerChrysler AG in Sindelfingen, Karl-Heinz Baumann ist Senior Manager und Leiter der Fachfunktion Konzepte Passive Sicherheit in der Mercedes Car Group/Development, Thomas Breitling leitet das Entwicklungscenter Aktive Sicherheit, Kühlung, Aerodynamik in der PKW-Entwicklung des Automobilkonzerns.

Wertvolle Zeit verstrich bisher ungenutzt
Moderne Fahrzeuge bieten reichlich Schutz für die Insassen: stabile Fahrgastzellen, Knautschzonen und Rückhaltesysteme wie Gurtsystem oder Airbags. Diese passiven Schutzsysteme reagieren allerdings erst, wenn der Unfall passiert. Die Zeit zwischen der fahrkritischen Situation, die zu dem Unfall führt, und dem Crash verstrich bisher ungenutzt.
Weitere Details
Lebensläufe
Dr.-Ing. Rodolfo Schöneburg
- 30.10.1959
- geboren in Ciudad Bolivar in Venezuela
- 1978
- Abitur
- 1978 – 1983
- Studium der Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität Berlin
- 1988
- Promotion
- 1988 – 1989
- Trainee in der Fahrzeugentwicklung bei der Audi AG, Ingolstadt
- 1989 – 1993
- Fachreferent Crashberechnung bei der Audi AG, Ingolstadt
- 1993 – 1995
- Leiter der Abteilung Insassen-Rückhaltesysteme bei der Audi AG, Ingolstadt
- 1995 – 1996
- Leiter der Abteilung Karosserieberechnung bei der Audi AG, Ingolstadt
- 1996 – 1999
- Leiter der Abteilung Fahrzeugsicherheit (Crashworthiness und numerische Crash-Simulation) bei der Audi AG, Ingolstadt
- seit 1999
- Leiter des Centers Sicherheit/Fahrzeugfunktionen innerhalb des Geschäftsfeldes PKW-Entwicklung MCG/D der DaimlerChrysler AG, Sindelfingen
Ehrungen:
- 2003
- Paul-Pietsch-Preis der Motor-Presse Stuttgart
Dipl.-Ing. (FH) Karl-Heinz Baumann
- 11.5.1951
- geboren in Villingen / Schwarzwald
- 1966 – 1969
- Ausbildung zum Werkzeugmacher
- 1969 – 1970
- Praktikum als Konstrukteur bei Kienzle Apparate, Villingen
- 1974
- Fachhochschulreife
- 1974 – 1977
- Studium des Maschinenbaus an der Fachhochschule in Konstanz
- 1977
- Zusatzstudium (Schweißfachingenieur) an der Fachhochschule Konstanz
- 1977 – 1986
- Entwicklungsingenieur in der PKW-Entwicklung (Bereich Passive Sicherheit) bei der Daimler-Benz AG, Sindelfingen
- 1986 – 1994
- Gruppenleiter Unfalluntersuchungen I, Bereich PKW-Aufbauten in der Abteilung Rohbau-Untersuchungen und Teamleiter Passive Sicherheit von Personenwagen bei der Daimler-Benz AG, Sindelfingen
- 1994 – 1997
- Stellvertretender Abteilungsleiter des Bereichs Karosserierohbau-Versuch bei der Daimler-Benz AG, Sindelfingen
- seit 1997
- Senior Manager und Leiter der Fachfunktion Konzepte Passive Sicherheit in der Mercedes Car Group/Development der DaimlerChrysler AG, Sindelfingen
Ehrungen:
- 2003
- U.S. Award for Safety Engineering Excellence, NHTSA
Prof. Dr.-Ing. Thomas Breitling
- 14.8.1960
- geboren in Tübingen
- 1980
- Abitur
- 1980 – 1981
- Studium der Chemie und Biologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen
- 1981 – 1986
- Studium des Allgemeinen Maschinenbaus an der Universität Karlsruhe (TH)
- 1986 – 1990
- Wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Strömungslehre und Strömungsmaschinen der Universität Karlsruhe (TH)
- 1989
- Promotion
- 1990 – 1992
- Aufnahme in die Internationale Führungskräfte-Nachwuchsgruppe der Daimler-Benz AG, Möhringen; Direktionsassistent in der Konzernzentrale in den Forschungsbereichen Produktion und Umwelt sowie Technik und Mensch bei der Daimler-Benz AG, Möhringen
- 1992 – 1996
- Leiter der Forschungsabteilung Thermo- und Fluiddynamische Berechnungen der Daimler-Benz AG, Untertürkheim
- 1996 – 1998
- Leiter der Entwicklungsabteilung Aerodynamik und Windkanäle in der PKW-Entwicklung bei Mercedes-Benz, Sindelfingen
- seit 1998
- Leiter des Entwicklungscenters Aktive Sicherheit, Kühlung, Aerodynamik in der PKW-Entwicklung bei der DaimlerChrysler AG, Sindelfingen
- 2002
- Ernennung zum Honorarprofessor der Universität Karlsruhe
Kontakt
Projektsprecher
Dr.-Ing. Rodolfo Schöneburg
Sicherheit / Fahrzeugfunktionen
DaimlerChrysler AG
HPC X410
71059 Sindelfingen
Tel.: +49 (0) 7031 / 90 27 90
Fax: +49 (0) 7031 / 90 34 02
E-Mail: rodolfo.schoeneburg@daimlerchrysler.com
Pressekontakt
Norbert Giesen
Produktkommunikation Mercedes Car Group
DaimlerChrysler AG
HPC 1103
70546 Stuttgart
Tel.: +49 (0) 711 / 17 76 422
Fax: +49 (0) 711 / 17 98 651
E-Mail: norbert.giesen@daimlerchrysler.com
Weitere Informationen zum Thema Fahrzeugsicherheit unter:
www.mercedes-benz.com/sicherheit
Beschreibung der Institute und Unternehmen zu ihren nominierten Projekten
Die Innovation
Eine Katze fällt von einem Ast. Reflexartig dreht sie sich noch im Fall von der Rückenlage in Bauchlage, krümmt die Wirbelsäule und streckt ihre Beine aus, um sich bestmöglich für den bevorstehenden Aufprall auf den Boden vorzubereiten. Mit Preventive Safety, kurz PRE-SAFE, wird dieser natürlicher Schutzmechanismus - der Reflex - auf das Automobil übertragen: PRE-SAFE vernetzt erstmalig die beiden klassischen Bereiche der Fahrzeugsicherheit, Unfallvermeidung und Unfallfolgenminimierung (Aktive und Passive Sicherheit), um Fahrzeuginsassen bereits vor einem möglichen Unfall auf diesen vorzubereiten und ihnen so erhöhtes Schutzpotenzial zu bieten. Bei Erkennen eines kritischen Fahrzustands wechselt das Fahrzeug präventiv von einem Komfort-Modus in einen Safety-Modus, durch z.B. reversible Gurtstraffung, Sitzkonditionierung und Schiebedachschließung.
Ausgangslage
Moderne Fahrzeuge bieten im Falle eines Unfalls bereits ein sehr hohes Schutzpotenzial für die Insassen: Formstabile Fahrgastzellen, definierter Energieabbau in den Knautschzonen, hochentwickelte Rückhaltesysteme mit zahlreichen Airbags etc. tragen hierzu bei. Immer deutlicher wir jedoch erkennbar, dass mit konventionellen Maßnahmen am Fahrzeug die Passive Sicherheit von Personenwagen auch unter hohem Aufwand nur noch in kleinen Schritten verbessert werden kann, denn heutige passive Schutzsysteme reagieren erst, wenn das Unfallereignis bereits eintritt. Warum also nicht bereits die wertvolle Zeit vor einem möglichen Aufprall nutzen, um präventive Schutzmaßnahmen einzuleiten?
Integrierte Fahrzeugsicherheit
Die bisher noch weitestgehend ungenutzte Phase im realen Unfallgeschehen ist der Zeitraum zwischen der Erkennung eines erhöhten Unfallrisikos bis zum tatsächlichen Aufprall. Die DaimlerChrysler Unfallforschung zeigt, dass 2/3 aller Unfälle ein fahrkritisches Ereignis vorausgeht. Auf Basis dieser Erkenntnis wurde ein neuer, gesamtheitlicher Sicherheitsansatz formuliert, das „Mercedes-Benz Integrierte Sicherheitskonzept“. Aktive und Passive Sicherheit werden darin nicht mehr wie bisher getrennt voneinander betrachtet, sondern miteinander verknüpft.
Prinzip
Für den Insassenschutz ergeben sich daraus völlig neue Möglichkeiten. So können bereits während einer kritischen Fahrsituation präventive Maßnahmen ergriffen werden, um die Insassen im Falle eines Unfalls besser zu schützen. Wesentlicher Vorteil dabei ist ein Zeitgewinn, der es erlaubt, Schutzmaßnahmen u. a. sehr viel sanfter und situationsangepasster zu aktivieren als dies heute möglich ist. PRE-SAFE-Systeme sind zu heutigen Schutzsystemen ergänzende Systeme. Sie haben insbesondere das Potenzial, bei den häufig vorkommenden niedrigeren und mittleren Unfallschweren zu einer deutlichen Reduzierung des Verletzungsrisikos beizutragen. Möglich wird dies durch den Einsatz reversibler Schutzsysteme, die sich beim Ausbleiben eines Unfalls selbsttätig zurückstellen, bzw. sich wieder in ihre Ausgangssituation zurückstellen lassen.
Einsatz
Der ersten Serieneinsatz von PRE-SAFE erfolgte mit Einführung der modell- gepflegten Mercedes-Benz S-Klasse im Oktober 2002. Wenn eine Notbremsung oder eine fahrdynamisch kritische Situation, wie Über- bzw. Untersteuern erkannt wird, werden verschiedene Aktoren angesteuert: Die Sicherheitsgurte werden bereits vor dem möglichen Aufprall gestrafft, wodurch die vorderen Fahrzeuginsassen in einer Position verbleiben, in der die Airbags ihre optimale Schutzwirkung entfalten können. Des Weiteren werden die Sitze der Mitfahrer präventiv in eine „Safety Position“ verstellt, falls sie in einer der Insassensicherheit abträglichen Position eingestellt sind. Ferner wird bei Über- bzw. Untersteuern zusätzlich das Schiebedach vorbeugend geschlossen, um für einen möglicherweise folgenden Überschlag erhöhten Insassenschutz zur Verfügung zu stellen.
Ausblick
Der Übergangsbereich zwischen Aktiver und Passiver Sicherheit eröffnet ein neues Gebiet der Fahrzeugsicherheit mit großem Potenzial. Die derzeit realisierten Umfänge von PRE-SAFE stellen dabei nur einen ersten Ausschnitt aus den denkbaren Möglichkeiten dar. In künftigen Ausprägungen können z.B. automatische Schließung der Seitenscheiben, Aktivierung von Kopfstützen oder verfahrbare Schutzpolster zur Umsetzung kommen. Mit zunehmender Präzision und Vorhersagegenauigkeit der Sensorik in PKWs wird sich PRE-SAFE zunehmend in Richtung einer direkten Erkennung bevorstehender Kollisionen entwickeln. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, auch nicht reversible Sicherheitssysteme wie z.B. Airbags deutlich langsamer und für die Insassen schonender zu aktivieren.
Informationen und Kontakt zum Deutschen Zukunftspreis unter:
Internet: www.deutscher-zukunftspreis.de
Das Projekt „Präventives PKW-Insassenschutzsystem“ wurde von der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring vorgeschlagen.
