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Nominee 2001

Intensitätsmodulierte Strahlentherapie

Optimierte intensitätsmodulierte Strahlentherapie: Gratwanderung zwischen Unterdosierung des kranken und Überdosierung des gesunden Gewebes

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schlegel (Spokesperson)
Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Thomas Bortfeld
Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Peter Debus
Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

(f.l.t.r.) Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schlegel, Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Thomas Bortfeld

Bestrahlen ist ein wirkungsvolles Mittel, um Krebstumore zu bekämpfen. Allerdings kann dabei auch gesundes Körpergewebe geschädigt werden - das erschwert die Therapie. Lässt sich ein Weg finden, um bei der Strahlenbehandlung nur Tumorzellen zu zerstören?

Dass das geht, bewiesen Wolfgang Schlegel, Thomas Bortfeld und Jürgen Peter Debus vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg mit der intensitätsmodulierten Strahlentherapie. Wolfgang Schlegel leitet am DKFZ die Abteilung Medizinische Physik mit dem Forschungsschwerpunkt Radiologische Diagnostik und Therapie. Thomas Bortfeld war bis vor kurzem stellvertretender Leiter der Abteilung Medizinische Physik, Jürgen Peter Debus ist Mitarbeiter in der Strahlentherapie.

Schwierige Gratwanderung

Die Strahlentherapie ist nach der Chirurgie die erfolgreichste und am häufigsten eingesetzte Therapie bei Krebserkrankungen. Ziel ist es, den Tumorzellen eine so hohe Strahlendosis zu verabreichen, dass sie zerstört werden. Doch das ist schwierig, weil bösartige Tumore manchmal unmittelbar neben sehr strahlenempfindlichen gesunden Organen liegen, etwa Augen, Hirnstamm, Rückenmark oder Lunge. Diese Organe dürfen durch die Bestrahlung nicht geschädigt werden.

Die von den Forschern am DKFZ entwickelte Methode ermöglicht eine Strahlenbehandlung, bei der ausschließlich der Tumor erfasst wird. Im angrenzenden gesunden Gewebe ist die Strahlendosis so niedrig, dass sie ungefährlich ist. Dadurch können die Ärzte den Tumor stärker bestrahlen - das erhöht die Heilungschance für den Patienten.

Die Dosierung wird fein variiert

Basis des Verfahrens ist die 3D-Strahlentherapie-Planung: Anhand von Computertomographie-Bildern simuliert eine Software das vom Tumor befallene Körperareal und berechnet die Dosisverteilung im Gewebe. Bei kompliziert geformten Tumoren, die unmittelbarer neben sensiblem gesundem Gewebe liegen, stößt das jedoch an Grenzen. Tumore mit gewölbter Gestalt, die ein Risikoorgan umschließen, ließen sich bisher nicht bestrahlen. Die intensitätsmodulierte Strahlentherapie weist nun einen Ausweg. Der Trick: Die Dosis ist nicht einheitlich, sondern wird von Ort zu Ort variiert. Dadurch lassen sich Punkte im Tumor, die an ein Risikoorgan grenzen, schwach bestrahlen, während sehr dicke Bereiche des Tumors einer hohen Intensität ausgesetzt werden. Beim Bestrahlen überlagert man dazu mehrere, in ihrer Intensität modulierte Strahlenfelder, die durch computergesteuerte Blenden, sogenannte Multi-Leaf-Kollimatoren, erzeugt werden. Um die optimale Überlagerung zu berechnen, haben die Forscher eigens ein Programm entwickelt: die inverse Strahlentherapie-Planung.

Das neue Verfahren macht Nebenwirkungen der Bestrahlung seltener, wie erste klinische Tests belegen. Die weltweite Vermarktung hat die aus dem DKRZ ausgegründete MRC Medizintechnische Systeme GmbH in Heidelberg übernommen.

Das Vorschlagsrecht zum Deutschen Zukunftspreis obliegt den führenden deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Stiftungen.

Das Projekt "Optimierte intensitätsmodulierte Strahlentherapie" wurde von der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren vorgeschlagen.

Weitere Details

Lebensläufe

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schlegel

24.2.1945
geboren in Hartenstein, Sachsen
1964
Abitur
1964 – 1968
Studium der Physik, Mathematik und Chemie an der Freien Universität Berlin
1968 – 1970
Studium der Physik, Mathematik und Mikrobiologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; Diplomand des Max-Planck-Instituts für Kernphysik, Heidelberg
1970
Diplom in Physik
1970 – 1972
Doktorand am Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg
1972
Promotion
1972 – 1973
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg
1973 – 1994
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Biophysik und medizinische Strahlenphysik, Forschungsschwerpunkt Radiologische Diagnostik und Therapie am Deutschen Krebs-forschungszentrum (DKFZ), Heidelberg
1987/1988
Habilitation und Venia Legendi in Medizinischer Physik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
1988
Ruf an die Freie Universität Berlin, Lehrstuhl für Medizinische Physik
1992 – 1998
Gewähltes Mitglied des Wissenschaftlichen Rats am DKFZ, Heidelberg
seit 1993
Professor für Medizinphysik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Mitglied der dortigen Medizinischen Fakultät
seit 1994
Leiter der Abteilung „Medizinische Physik“, Forschungs-schwerpunkt Radiologische Diagnostik und Therapie am DKFZ, Heidelberg
seit 1997
Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Radio- onkologie (DEGRO)
seit 1999
Mitglied des Kuratoriums des DKFZ, Heidelberg
seit 2000
Gewählter Fachgutachter für Medizinische Physik und Bio-medizinische Technik der Deutschen Forschungsgesellschaft

Ehrungen:

1993
Ehrenmitglied der Ungarischen Gesellschaft für Strahlentherapie
1996
Karl Heinz Beckurts-Preis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
2000
Poster-Preis der XIIIth International Conference of the Use of Computers in Radiation Therapy

Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Thomas Bortfeld

15.03.1962
geboren in Hannover, Niedersachsen
1981
Abitur
1982 – 1983
Studium der Physik und Mathematik an der Universität Hannover
1983 – 1985
Studium der Physik und Geophysik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
1985 – 1988
Studium der Physik und Philosophie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
1988
Diplom in Physik
1989 – 1991
Wissenschaftliche Hilfskraft, Abteilung für Biophysik und medizinische Strahlenphysik am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg
1990
Promotion
1991 – 1992
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung für Biophysik und medizinische Strahlenphysik am DKFZ, Heidelberg
1992 – 1993
Gastwissenschaftler, Institute of Radiation Physics, M.D. Anderson Cancer Center, Houston, sowie am Department of Medical Physics, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York
1993 – 1996
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung für Medizinische Physik am DKFZ, Heidelberg
1994 – 2001
Leiter der Arbeitsgruppe „Physikalische Modelle“ am DKFZ, Heidelberg
1995
Habilitation und Venia Legendi in Physik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
1996 – 2001
Stellvertretender Leiter der Abteilung Medizinische Physik am DKFZ, Heidelberg
1.6.2001
Director of Physics Research, Radiation Oncology, Mass. General Hospital, Boston; Associate Professor of Radiation Oncology (Physics), Harvard Medical School

Ehrungen:

1990
Richtzenhain-Preis des DKFZ, Heidelberg
1994
Helax-Preis der Helax AB, Uppsala
1995
Young Investigator´s Award, 3. Platz, der American Association of Physicists in Medicine
1997 – 2001
Mitglied des „International Advisory Board“ der Zeitschrift Physics in Medicine and Biologie; Mitherausgeber der Zeitschrift Physica Medica
seit 1999
Steering Council Heidelberg IMRT School

Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Peter Debus

23.5.1964
geboren in Lorsch, Hessen
1983
Abitur
1984 – 1991
Studium der Medizin und Physik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
1988
Diplomand der Abteilung für Biophysik und Medizinische Strahlenphysik, Forschungsschwerpunkt Radiologische Diagnostik und Therapie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg
1988 – 1991
Doktorand am DKFZ, Heidelberg
1991
Promotion zum Dr. rer. nat.
1991 – 1992
Mitarbeiter der Abteilung Onkologische Diagnostik und Therapie, DKFZ Heidelberg
seit 1992
Mitarbeiter der Abteilung Strahlentherapie am DKFZ, Heidelberg
1993
Promotion zum Dr. med.
seit 1993
Leiter der Arbeitsgruppe „Neue Verfahren der lokoregionären Tumortherapie“ an der Radiologischen Klinik und Poliklinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
seit 1996
Leitender Physiker der Radiologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
1997
Habilitation in Medizin
seit 1997
Leiter der Abteilung Strahlenonkologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
seit 1998
Mitglied des Wissenschaftlichen Vorstands des DKFZ; Berater auf dem Gebiet Strahlenonkologie; Mitglied der Expertendiskussionsgruppe Strahlenonkologie
seit 2000
Leitender Betreuer der Abteilung Strahlenonkologie an der Universitätsklinik Heidelberg

Ehrungen:

1992
Philipps-Preis für medizinische Physik
1992
Varian-Preis
1993
Preis der Deutschen Gesellschaft für Ultrasound in Medizin
1995
Poster-Preis des Deutschen Röntgenkongresses; Young Investigator´s Award, American Association of Physicists in Medicine; Auslandsstipendium der Deutschen Krebsgesellschaft
1996
Poster-Preis des Deutschen Röntgenkongresses
1998
Herman-Holthusen-Preis der Deutschen Gesellschaft für Strahlenonkologie
1999
Erwin-Schrödinger-Preis, Wissenschaftspreis des Stifterverbandes
1991 – 1992
Mitarbeiter der Abteilung Onkologische Diagnostik und Therapie, DKFZ Heidelberg
seit 1992
Mitarbeiter der Abteilung Strahlentherapie am DKFZ, Heidelberg
1993
Promotion zum Dr. med.
seit 1993
Leiter der Arbeitsgruppe „Neue Verfahren der lokoregionären Tumortherapie“ an der Radiologischen Klinik und Poliklinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
seit 1996
Leitender Physiker der Radiologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
1997
Habilitation in Medizin
seit 1997
Leiter der Abteilung Strahlenonkologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
seit 1998
Mitglied des Wissenschaftlichen Vorstands des DKFZ; Berater auf dem Gebiet Strahlenonkologie; Mitglied der Expertendiskussionsgruppe Strahlenonkologie
seit 2000
Leitender Betreuer der Abteilung Strahlenonkologie an der Universitätsklinik Heidelberg

Kontakt

Projektsprecher

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schlegel
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
Tel.: +49 (0) 6221 / 42 25 51
Fax: +49 (0) 6221 / 42 25 61
E-Mail: w.schlegel@dkfz.de

Pressekontakt

Hilke Stamatiadis-Smidt, M.A.
Leiterin der Stabsabteilung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und des Krebsinformationsdienstes
Tel.: +49 (0) 6221 / 42 28 54
Fax: +49 (0) 6221 / 42 25 968
E-Mail: presse@dkfz.de

Beschreibung der Institute und Unternehmen zu ihren nominierten Projekten

Strahlentherapie: Gratwanderung zwischen Unterdosierung des kranken und Überdosierung des gesunden Gewebes
Die Strahlentherapie ist nach der Chirurgie die erfolgreichste und am häufigsten eingesetzte Therapie bei Krebserkrankungen. Sie kommt heute bei mindestens der Hälfte aller Krebspatienten zum Einsatz, das sind in Deutschland etwa 250.000 Patienten pro Jahr. Bei einer Strahlentherapie soll idealerweise allen Tumorzellen eine so hohe Strahlendosis verabreicht werden, dass der Tumor zerstört wird. Dies ist eine schwierige technische Herausforderung, weil bösartige Tumore manchmal dicht neben sehr strahlenempfindlichen gesunden Organen liegen, wie etwa Augen, Sehnerv und Hirnstamm, Rückenmark, Darm oder Lunge. Diese sogenannten „Risikoorgane“ dürfen durch die Bestrahlung nicht geschädigt werden. Die Situation wird noch komplizierter, wenn das Tumorgewebe selbst relativ schlecht auf eine Bestrahlung anspricht und sehr hohe Strahlendosen notwendig sind, um eine therapeutische Wirkung zu erzielen.

Optimierung der Strahlendosisverteilung als Forschungsziel
Ziel der Forschungsarbeiten des Teams am Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) ist es, eine Bestrahlung zu erreichen, bei der Tumorvolumen und Bestrahlungsvolumen möglichst deckungsgleich sind. Die Verteilung der Strahlendosis im Gewebe muss so gestaltet sein, dass die therapeutisch wirksame Strahlendosis konzentriert auf das Tumorvolumen einwirkt und hier die maximale therapeutische Wirkung entfaltet. Im angrenzenden gesunden Gewebe dagegen soll die Strahlendosis möglichst so niedrig sein, dass sie für das jeweilige Normalgewebe ungefährlich ist. Denn je präziser eine Bestrahlung ist und je besser gesundes Gewebe geschützt werden kann, desto höher darf die dem Tumor verabreichte Strahlendosis sein und desto größer ist auch die Heilungschance für den Patienten.

Der erste Durchbruch: Die „dreidimensionale Strahlentherapieplanung“
Das DKFZ-Team entwickelte schon in den Jahren 1980-1990 ein Computerverfahren, das die Strahlentherapie wesentlich verbesserte: die „dreidimensionale Strahlentherapieplanung“. Anhand von CT-Bildern des Patienten kann mit diesen Programmen innerhalb von Sekundenbruchteilen eine Computersimulation des vom Tumor befallenen Körperareals auf dem Bildschirm dargestellt und die Dosisverteilung im Gewebe vorausberechnet werden. Diese Planung wird heute überall in der Strahlentherapie eingesetzt.

Die Grenzen der heutigen Strahlentherapie: Unregelmäßig geformte Tumoren
Bei kompliziert geformten Tumoren, die in unmittelbarer Nähe von strahlenempfindlichem gesunden Gewebe liegen, stößt auch die dreidimensional geplante Strahlentherapie an ihre Grenzen. Praktisch unmöglich ist es, Tumoren mit konkav geformten Einbuchtungen zu bestrahlen, in denen ein Risikoorgan liegt. Hier wird der Tumor in der Regel unterdosiert bestrahlt, um Komplikationen an den Organen zu vermeiden. Damit sinkt jedoch die Heilungschance des Patienten.

Der zweite Durchbruch: Die „intensitätsmodulierte Strahlentherapie IMRT“
Ein Ausweg aus dem Dilemma der Dosierungs-Gratwanderung zeichnet sich durch ein neues Verfahren ab, das die Gruppe am DKFZ in den letzten 10 Jahren entwikcelt hat: die „intensitätsmodulierte Strahlentherapie“ (engl.: Intensity-modulated Radiotherapy, IMRT). Bei der bisher durchgeführten Strahlentherapie haben alle Bestrahlungsfelder eine konstante Intensität: Betrachtet man den Therapiestrahl im Querschnitt, so ist an jedem Punkt dieses Feldes die Strahlungsintensität gleich hoch. Bei der neuen „intensitätsmodulierten Strahlentherapie“ wird die Intensität der Strahlendosis innerhalb eines Bestrahlungsfeldes verändert (´moduliert´). Es wird also nicht mehr eine gleichmäßige Intensität gewählt, sondern das Feld wird in viele kleine Teilbereiche zerlegt, die mit jeweils unterschiedlicher Intensität und damit Dosis bestrahlt werden. So wird ein Punkt im Tumor in einem Bereich beispielsweise mit einer schwachen Intensität bestrahlt, weil hier ein Risikoorgan in der Nähe liegt, und in einem anderen Bereich mit einer hohen Intensität, weil hier der Tumor zum Beispiel sehr dick ist.

IMRT ermöglicht höhere Tumordosis bei geringerer Nebenwirkung
Bei der Bestrahlung werden mehrere, aus verschiedenen Richtungen eingestrahlte intensitätsmodulierte Strahlenfelder im Tumor überlagert. In jedem Punkt des Tumors ergibt sich durch Überlagerung der intensitätsmodulierten Strahlenbündel und Addition ihrer Intensitäten die gewünschte gleichmäßige therapeutische Dosis. Auf diese Weise werden in der Praxis die Bestrahlung des Tumors und die Schonung von Risikoorganen optimal ausbalanciert. Folglich ergibt sich eine wesentlich bessere Dosisverteilung als mit der bisherigen Strahlentherapie. Es ist möglich, die Dosis im Tumor zu erhöhen, ohne dass das gesunde Gewebe stärker in Mitleidenschaft gezogen wird. Für die Patienten bedeutet das, dass sich die Heilungschance erhöht, während unerwünschte Nebenwirkungen der Bestrahlung durch Komplikationen am gesunden Gewebe seltener sind.

Verwirklichung der IMRT mit computersteuerbaren Strahlenblenden
Zur Erzeugung intensitätsmodulierter Felder haben sich die Wissenschaftler am DKFZ ein Verfahren ausgedacht, das computergesteuerte Strahlenblenden, sogenannte Multi-Leaf-Kollimatoren, einsetzt. Dabei wird die unterschiedliche Intensität aus einer Einstrahlrichtung dadurch erzeugt, dass verschiedene, vom Kollimator geformte Einzelfelder konstanter Intensität ganz oder partiell überlagert werden und sich die Intensitäten hier addieren.

Inverse Planung: Die IMRT muss „umgekehrt“ geplant werden
Die intensitätsmodulierte Strahlentherapie ist nicht nur wesentlich präziser, sondern auch wesentlich aufwendiger als die bisherige Strahlentherapie. Ein schrittweises Ermitteln der Bestrahlungsfelder wie in der 3D-Planung wäre viel zu zeitraubend. Von dem DKFZ-Team musste daher ein besonders leistungsfähiges neues Bestrahlungsplanungsprogramm entwickelt werden: die sogenannte „inverse Strahlentherapie-Planung“. Sie funktioniert im Vergleich zur bisherigen Planung umgekehrt („invers“), was wesentlich einfacher ist. Der Arzt gibt die Konturen des Zielvolumens und der Risikoorgane, die therapeutische Dosis im Zielvolumen sowie die Toleranzdosen der Risikoorgane vor. Mit Hilfe des neuen inversen Planungsprogrammes KonRad (Konformale Radiotherapie) lassen sich aus diesen Daten automatisch diejenigen Intensitätsmodulationen der einzelnen Bestrahlungsfelder errechnen, die zur bestmöglichen Dosisverteilung führen. Erst durch KonRad ist ein praktischer Einsatz der IMRT ermöglicht worden.
Der entscheidende Vorteil ist, dass sich mit der inversen Planung auch für Patienten mit kompliziertesten Tumoren der optimale Bestrahlungsplan ausarbeiten lässt. Genauer geht es aus physikalischer und mathematischer Sicht nicht. Die Dosisberechnung ist so präzise, dass die Risikoorgane bei der anschließenden Bestrahlung außergewöhnlich gut geschont werden, so dass die Dosis im Tumor erhöht werden kann. Das wiederum erhöht die Heilungschance der Patienten und mindert die Zahl strahlenbedingter Komplikationen am gesunden Gewebe.

Erste klinische Erfahrungen mit der invers geplanten IMRT
Der weltweit erste klinische Einsatz der IMRT erfolgte 1996 mit Hilfe der am DKFZ entwickelten Verfahren und Programme am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. In einer klinischen Studie mit über 700 Patienten konnte inzwischen gezeigt werden, dass das Risiko für schwerwiegende Darmblutungen innerhalb der ersten zwei Jahre nach Bestrahlung von 10% auf 2% gesenkt werden kann. Das krankheitsfreie Überleben nach fünf Jahren erhöhte sich von 47% auf 70%. In Europa wurden 1997 die ersten Patienten mit der IMRT am DKFZ behandelt. Derzeit arbeiten das DKFZ und die Universitätsklinik Heidelberg gemeinsam daran, zu erforschen, welche Tumorerkrankungen vorteilhaft mit IMRT behandelt werden können. Im Rahmen einer seit 1998 laufenden klinischen Studie zur IMRT wurden bisher über 200 Patienten mit Tumoren der Nasenhöhlen, rückenmarksnahen Tumoren, Kopf-Hals-Tumoren sowie Prostata-, Bronchial- und Mamakarzinomen mit vielversprechenden Ergebnissen behandelt.

Verbreitung des neuen Verfahrens durch eine ausgegründete Firma
Die weltweite Verbreitung der neuen Behandlungstechnik hat die Firma MRC Medizintechnische Systeme GmbH in Heidelberg übernommen. In dieser aus dem DKFZ ausgegründeten Firma haben Physiker und Informatiker, die zum größten Teil Mitarbeiter der Abteilung von Prof. Schlegel waren, neue Arbeitsplätze gefunden. Hier wird die Hardware und Software überarbeitet und bis zum marktreifen Produkt weiterentwickelt. Nachdem im Jahr 2000 die Zulassung nach den Richtlinien des Medizin-Produktegesetzes und der Food and Drug Administration erfolgte, konnten die ersten klinischen Installationen in Europa (London, Clatterbridge, Umea, Utrecht, Amsterdam, Leuven, Heidelberg, Würzburg), Asien (Kagawa), Amerika (Toronto, New York, Los Angeles, Detroit, Boston, Cincinnati, Houston) und Australien durchgeführt werden.

Informationen und Kontakt zum Deutschen Zukunftspreis unter:

E-Mail: info@deutscher-zukunftspreis.de
Internet: www.deutscher-zukunftspreis.de

Das Vorschlagsrecht zum Deutschen Zukunftspreis obliegt den führenden deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Stiftungen.

Das Projekt „Optimierte intensitätsmodulierte Strahlentherapie“ wurde von der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren vorgeschlagen

Preisträger 2001 · TEAM 4