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Nominee 2002

Blick ins Herz

Blick ins Herz – ohne Katheter

Dr. hum.-biol. Bernd Ohnesorge (Spokesperson)
Dr. rer. nat. Thomas Flohr
Dr. rer. nat. Richard Hausmann
Siemens Medical Solutions, Forchheim

(f.l.t.r.) Dr. rer. nat. Richard Hausmann, Dr. rer. nat. Thomas Flohr, Dr. hum.-biol. Bernd Ohnesorge

Herzinfarkt ist eine der häufigsten Todesursachen. Mit einem Katheter lassen sich die Risikofaktoren oft früh erkennen - doch die Untersuchung ist teuer und riskant. Geht es einfacher und für den Patienten schonender?

Bernd Ohnesorge, Thomas Flohr und Richard Hausmann entwickelten eine Methode, die eine dreidimensionale Untersuchung des Herzens und der Herzkranzgefäße mit einem neuartigen Computertomographie-System (CT) erlaubt - auf den Einsatz eines Katheters kann verzichtet werden. Bernd Ohnesorge ist Leiter des Marktsegments Präventiv-Diagnostik/Kardiologie im Geschäftsgebiet CT bei Siemens Medical Solutions in Forchheim. Thomas Flohr verantwortet die Konzeptentwicklung der Multischicht CT-Technologie und leitet den Bereich CT Systemkonzepte, Richard Hausmann ist Geschäftsgebietsleiter des Geschäftsgebietes CT.

Ein Katheter ist für die Gefäßwand blind

Der Herzinfarkt durch eine koronare Herzkrankheit ist eine der Haupttodesursachen in Industrieländern. Auslöser sind oft Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen, die aufreißen können und dann zu Verschlüssen und zur Unterbrechung des Blutflusses führen.

Zum Nachweis von Engstellen in den Herzkranzgefäßen nutzen die Ärzte bisher meist einen Herzkatheter. Mit ihm lässt sich jedoch nur der Gefäßinnenraum mit möglichen Engstellen beurteilen, nicht aber die Gefäßwand mit eventuell vorhandenen Ablagerungen. Und: Bei jedem hundertsten Patienten führt der Eingriff zu Komplikationen: Herzinfarkt, Schlaganfall - oder Tod.

Bei der Herzuntersuchung per Computertomographie hingegen können Engstellen und Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen in einem frühen Stadium ohne Einsatz eines Katheters dargestellt werden - ohne die Gefahr von Komplikationen.

Das Bild wird eingefroren

Ein CT besteht aus einem schnell rotierenden Ring auf dem gegenüberliegend Röntgenröhre und -detektor angebracht sind. Die Röhre emittiert Röntgenstrahlung, von der nur eine bestimmte Strahlungsmenge am Detektor ankommt. Aus der Schwächung der Strahlen werden Schnittbilder des Körpers berechnet. Mit der neuen CT-Technik, der Multischicht Spiral CT, wird der Patient kontinuierlich durch den Ring bewegt, wobei das System bis zu 16 Schnittbilder pro Umdrehung aufnimmt. Die Forscher haben neuartige Techniken zur Bildaufnahme und -berechnung entwickelt, mit denen sich 3D-Bilder mit sehr hoher Auflösung und so kurzer Belichtungszeit erzeugen lassen, dass die Bewegung des schlagenden Herzens auf den Bildern eingefroren werden kann. Selbst kleinste Veränderungen im Herzen und in den Gefäßen sind so erkennbar.

Die Kosten einer Untersuchung mit dem CT liegen deutlich unter denen eines Katheters. Sie erfolgen - anders als mit einem Katheter - meist ambulant, und eine Überwachung des Patienten danach ist nicht erforderlich.

Das Vorschlagsrecht zum Deutschen Zukunftspreis obliegt den führenden deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Stiftungen.

Das Projekt "Blick ins Herz - ohne Katheter" wurde von der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring vorgeschlagen.

Weitere Details

Lebensläufe

Dr. hum.-biol. Bernd Ohnesorge

19.6.1969
geboren in Erlangen
1988
Abitur
1988 – 1994
Studium der Elektrotechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
1994 – 2000
Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
1994 – 1995
Team-Mitglied der Konzeptentwicklung zur Elektronenstrahl-CT in einem Joint-Venture der Firma Siemens und Imatron, San Francisco, USA
1998 – 2000
Projektleiter der Entwicklung und klinischen Erprobung der Herzdiagnostik CT-Technologie (HeartView CT) im Geschäftsgebiet CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
seit 2000
Leiter des Marktsegmentes Präventiv-Diagnostik/Kardiologie im Geschäftsgebiet CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim und Mitglied des CT Management Boards
2002
Promotion

Dr. rer. nat. Thomas Flohr

12.1.1960
geboren in Neustadt/Aisch
1979
Abitur
1979 – 1985
Studium der Physik an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
1989
Promotion
1989 – 2002
Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
seit 1996
Verantwortlich für die Konzeptentwicklung der Multischicht CT-Technologie im Geschäftsgebiet CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
seit 2000
Leiter CT Systemkonzepte des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim

Ehrungen:

1998
Erfinder des Jahres der Siemens AG

Dr. rer. nat. Richard Hausmann

28.8.1960
geboren in Poppenricht
1979
Abitur
1980 – 1985
Studium der Physik an der Universität Regensburg, Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes
1985
Forschungsaufenthalt an der State University of Stony Brook, New York, USA
1985 – 1988
Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes
1988
Promotion
1988 – 1993
Mitarbeiter im Bereich Entwicklung und Applikationsforschung des Geschäftsgebietes MR der Siemens AG, Forchheim
1993 – 1994
Marketing Manager für die Einführung des ersten offenen Kernspintomographen MAGNETOM Open
1994 – 1995
Leiter des Bereiches Applikationsentwicklung des Geschäftsgebietes MR der Siemens AG, Forchheim
1995 – 1997
Leiter des Bereiches Marketing des Geschäftsgebietes MR der Siemens AG, Erlangen
1997 – 2000
Leiter des Bereiches Marketing und Produktdefinition des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
seit 2000
Geschäftsgebietsleiter des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim

Kontakt

Projektsprecher

Dr. hum.-biol. Bernd Ohnesorge
Leiter CT Markt Segment Preventive
Care Siemens AG, Medical Solutions
Geschäftsgebiet CT Siemensstraße 1
91301 Forchheim
Tel.: +49 (0) 9191 / 18 81 97
Fax: +49 (0) 9191 / 18 83 40
E-Mail: bernd.ohnesorge@siemens.com

Pressekontakt

André Hartung
Manager Preventive Care Siemens AG, Medical Solutions
Med CTS C Siemensstraße 1
91301 Forchheim
Tel.: +49 (0) 9191 / 18 88 15
Fax: +49 (0) 9191 / 18 99 98
E-Mail: andre.hartung@siemens.com

Beschreibung der Institute und Unternehmen zu ihren nominierten Projekten

Technisches Prinzip
In dem Projekt wurde eine Methode entwickelt, die eine dreidimensionale Untersuchung des Herzens und insbesondere der Herzkranzgefäße mit einem neuartigen Computertomographie System (CT) erlaubt. Somit kann auf den Einsatz eines invasiven Herzkatheters verzichtet werden. Ein CT besteht aus einem schnell rotierenden Ring (Gantry) auf dem gegenüberliegend Röntgenröhre und Röntgendetektor angebracht sind. Die Röntgenröhre emittiert Röntgenstrahlung, von der je nach Röntgendichte der zu durchleuchtenden Körperregion eine bestimmte Menge an Strahlung am Detektor ankommt. Diese Schwächung der Röntgenstrahlen ist Grundlage für die Berechnung von Schnittbildern des Körpers. Mit der neusten CT Technik, der sogenannten Multischicht Spiral CT (SOMATOM Sensation 16, Cardiac), wird der Patient kontinuierlich durch die Gantry bewegt und es werden vom System bis zu 16 Schnittbilder pro Umdrehung aufgenommen. Bei einer Umlaufgeschwindigkeit von bis zu 0,4 Sekunden kann mit einem sogenannten Spiralscan die untersuchte Körperregion mit bis zu 0,5 mm Auflösung abgebildet werden. Durch Entwicklung neuartiger Bildaufnahme und Bildberechnungstechniken gelingt es, Bilder mit sehr hoher Auflösung und so kurzer Belichtungszeit zu erzeugen, dass die Bewegung des schlagenden Herzens virtuell eingefroren werden kann.

Der Herzzyklus setzt sich aus einer Auswurfphase (Systole) und einer Füllungsphase (Diastole) zusammen. Um bewegungsfreie Bilder des Herzens und der Herzkranzgefäße zu erhalten, wird das CT mit einem EKG-Gerät synchronisiert und es werden Bilddaten nur in der diastolischen Phase des Herzzyklus berechnet, da sich das Herz hier in Ruhe befindet. Die Dauer dieser „Ruhephase” ist mit ca. 150 Millisekunden sehr kurz. Um dennoch scharfe Bilder vom Herzen zu erhalten, muss die Zeitauflösung (vergleichbar mit den Verschlusszeiten eines Fotoapparates) des CT so gut wie möglich sein. Dies wird erreicht durch eine sehr schnelle Umlaufzeit der Gantry von 0,4 s, durch die in Verbindung mit speziellen Bildaufnahme- und Bildberechnungstechniken eine Zeitauflösung von bis zu 100 Millisekunden erzielt wird.

Während der Untersuchung muss der Patient die Luft anhalten, um Unschärfen durch eine Bewegung des Brustkorbs zu vermeiden. Dabei ist entscheidend für Bildqualität und Patientenkomfort, dass die gesamte Untersuchungszeit sehr kurz ist.

Durch die Aufnahme von bis zu 16 sehr dünnen Schnittbildern pro Rotation gelingt eine dreidimensionale Darstellung des Herzens mit 0,5 mm Auflösung mit einem Scan in einer 15 Sekunden Atempause. So können auch kleinste Veränderungen im Herzen und in den Gefäßen dargestellt werden.

Klinische und wirtschaftliche Aspekte
Der Herzinfarkt infolge einer koronaren Herzkrankheit (KHK) ist eine der Haupttodesursachen in fast allen Industrienationen. Im Jahr 2000 starben mehr als 1.000.000 Menschen in Europa und den USA und allein 77.000 Menschen in Deutschland an den Folgen eines Herzinfarktes. Häufigste Ursache für den Herzinfarkt sind Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen, die aufreißen können und dann zu Verschlüssen und Unterbrechung des Blutflusses führen. Die invasive Koronarangiographie (Herzkatheter) ist derzeit die Methode der Wahl zum Nachweis von Engstellen in den Herzkranzgefäßen und deren Behandlung durch Aufdehnung der Gefäße zur Wiederherstellung des Blutflusses. Allerdings werden mehr als 50% der Herzkatheter-Untersuchungen zu rein diagnostischen Zwecken durchgeführt und bleiben oft ohne therapeutische Konsequenz. Die Herzkatheter-Untersuchung ermöglicht ausschließlich die Beurteilung des Gefäßinnenraums mit möglichen Engstellen, nicht aber der Gefäßwand mit den darin möglicherweise vorhandenen Ablagerungen. Durch die Invasivität ist eine Herzkatheteruntersuchung mit einer Komplikationsrate von bis zu 1% (Herzinfarkt, Schlaganfall, Tod) verbunden.

Bei der Herzuntersuchung mittels CT können Engstellen und Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen in einem frühen Stadium ohne invasiven Einsatz eines Herzkatheters dargestellt werden. Damit kann die neue Methode ohne die Gefahr von Komplikationen zur Früherkennung und Diagnose einer Erkrankung der Herzkranzgefäße und zur Erkennung möglicherweise gefährlicher Ablagerungen genutzt werden. Auch während einer pharmakologischen Therapie oder nach einer invasiven Behandlungen des Herzens z.B. nach einer Aufdehnung einer Engstelle in den Herzkranzgefäßen mit einem Ballonkatheter oder nach einer Bypass-Operation kann der Behandlungserfolg kontrolliert werden.

Die Untersuchungskosten liegen deutlich unter denen des Katheters: Zum einen ist die Herz-CT-Untersuchung weniger personalintensiv, zum anderen kann ein CT auch für andere diagnostische Zwecke eingesetzt werden. Außerdem wird ein Großteil der Katheter-Untersuchungen stationär durchgeführt, und die Patienten werden nach dem Eingriff in der Regel mindestens zwölf Stunden überwacht. Das Herz-CT kann ambulant durchgeführt werden, eine Überwachung des Patienten nach der Untersuchung ist nicht erforderlich.

Informationen und Kontakt zum Deutschen Zukunftspreis unter:

E-Mail: info@deutscher-zukunftspreis.de
Internet: www.deutscher-zukunftspreis.de

Das Vorschlagsrecht zum Deutschen Zukunftspreis obliegt den führenden deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Stiftungen.

Das Projekt „Blick ins Herz - ohne Katheter“ wurde von der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring vorgeschlagen.

Nominiert 2002 · TEAM 3