Nominee 2002
Blick ins Herz
Bernd Ohnesorge, Thomas Flohr und Richard Hausmann entwickelten eine Methode, die eine dreidimensionale Untersuchung des Herzens und der Herzkranzgefäße mit einem neuartigen Computertomographie-System (CT) erlaubt - auf den Einsatz eines Katheters kann verzichtet werden. Bernd Ohnesorge ist Leiter des Marktsegments Präventiv-Diagnostik/Kardiologie im Geschäftsgebiet CT bei Siemens Medical Solutions in Forchheim. Thomas Flohr verantwortet die Konzeptentwicklung der Multischicht CT-Technologie und leitet den Bereich CT Systemkonzepte, Richard Hausmann ist Geschäftsgebietsleiter des Geschäftsgebietes CT.
Ein Katheter ist für die Gefäßwand blind
Der Herzinfarkt durch eine koronare Herzkrankheit ist eine der Haupttodesursachen in Industrieländern. Auslöser sind oft Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen, die aufreißen können und dann zu Verschlüssen und zur Unterbrechung des Blutflusses führen.
Weitere Details
Lebensläufe
Dr. hum.-biol. Bernd Ohnesorge
- 19.6.1969
- geboren in Erlangen
- 1988
- Abitur
- 1988 – 1994
- Studium der Elektrotechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
- 1994 – 2000
- Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
- 1994 – 1995
- Team-Mitglied der Konzeptentwicklung zur Elektronenstrahl-CT in einem Joint-Venture der Firma Siemens und Imatron, San Francisco, USA
- 1998 – 2000
- Projektleiter der Entwicklung und klinischen Erprobung der Herzdiagnostik CT-Technologie (HeartView CT) im Geschäftsgebiet CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
- seit 2000
- Leiter des Marktsegmentes Präventiv-Diagnostik/Kardiologie im Geschäftsgebiet CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim und Mitglied des CT Management Boards
- 2002
- Promotion
Dr. rer. nat. Thomas Flohr
- 12.1.1960
- geboren in Neustadt/Aisch
- 1979
- Abitur
- 1979 – 1985
- Studium der Physik an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
- 1989
- Promotion
- 1989 – 2002
- Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
- seit 1996
- Verantwortlich für die Konzeptentwicklung der Multischicht CT-Technologie im Geschäftsgebiet CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
- seit 2000
- Leiter CT Systemkonzepte des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
Ehrungen:
- 1998
- Erfinder des Jahres der Siemens AG
Dr. rer. nat. Richard Hausmann
- 28.8.1960
- geboren in Poppenricht
- 1979
- Abitur
- 1980 – 1985
- Studium der Physik an der Universität Regensburg, Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes
- 1985
- Forschungsaufenthalt an der State University of Stony Brook, New York, USA
- 1985 – 1988
- Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes
- 1988
- Promotion
- 1988 – 1993
- Mitarbeiter im Bereich Entwicklung und Applikationsforschung des Geschäftsgebietes MR der Siemens AG, Forchheim
- 1993 – 1994
- Marketing Manager für die Einführung des ersten offenen Kernspintomographen MAGNETOM Open
- 1994 – 1995
- Leiter des Bereiches Applikationsentwicklung des Geschäftsgebietes MR der Siemens AG, Forchheim
- 1995 – 1997
- Leiter des Bereiches Marketing des Geschäftsgebietes MR der Siemens AG, Erlangen
- 1997 – 2000
- Leiter des Bereiches Marketing und Produktdefinition des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
- seit 2000
- Geschäftsgebietsleiter des Geschäftsgebietes CT des Bereiches Siemens Medical Solutions, Forchheim
Kontakt
Projektsprecher
Dr. hum.-biol. Bernd Ohnesorge
Leiter CT Markt Segment Preventive
Care Siemens AG, Medical Solutions
Geschäftsgebiet CT Siemensstraße 1
91301 Forchheim
Tel.: +49 (0) 9191 / 18 81 97
Fax: +49 (0) 9191 / 18 83 40
E-Mail: bernd.ohnesorge@siemens.com
Pressekontakt
André Hartung
Manager Preventive Care Siemens AG, Medical Solutions
Med CTS C Siemensstraße 1
91301 Forchheim
Tel.: +49 (0) 9191 / 18 88 15
Fax: +49 (0) 9191 / 18 99 98
E-Mail: andre.hartung@siemens.com
Beschreibung der Institute und Unternehmen zu ihren nominierten Projekten
Technisches Prinzip
In dem Projekt wurde eine Methode entwickelt, die eine dreidimensionale Untersuchung des Herzens und insbesondere der Herzkranzgefäße mit einem neuartigen Computertomographie System (CT) erlaubt. Somit kann auf den Einsatz eines invasiven Herzkatheters verzichtet werden. Ein CT besteht aus einem schnell rotierenden Ring (Gantry) auf dem gegenüberliegend Röntgenröhre und Röntgendetektor angebracht sind. Die Röntgenröhre emittiert Röntgenstrahlung, von der je nach Röntgendichte der zu durchleuchtenden Körperregion eine bestimmte Menge an Strahlung am Detektor ankommt. Diese Schwächung der Röntgenstrahlen ist Grundlage für die Berechnung von Schnittbildern des Körpers. Mit der neusten CT Technik, der sogenannten Multischicht Spiral CT (SOMATOM Sensation 16, Cardiac), wird der Patient kontinuierlich durch die Gantry bewegt und es werden vom System bis zu 16 Schnittbilder pro Umdrehung aufgenommen. Bei einer Umlaufgeschwindigkeit von bis zu 0,4 Sekunden kann mit einem sogenannten Spiralscan die untersuchte Körperregion mit bis zu 0,5 mm Auflösung abgebildet werden. Durch Entwicklung neuartiger Bildaufnahme und Bildberechnungstechniken gelingt es, Bilder mit sehr hoher Auflösung und so kurzer Belichtungszeit zu erzeugen, dass die Bewegung des schlagenden Herzens virtuell eingefroren werden kann.
Der Herzzyklus setzt sich aus einer Auswurfphase (Systole) und einer Füllungsphase (Diastole) zusammen. Um bewegungsfreie Bilder des Herzens und der Herzkranzgefäße zu erhalten, wird das CT mit einem EKG-Gerät synchronisiert und es werden Bilddaten nur in der diastolischen Phase des Herzzyklus berechnet, da sich das Herz hier in Ruhe befindet. Die Dauer dieser „Ruhephase” ist mit ca. 150 Millisekunden sehr kurz. Um dennoch scharfe Bilder vom Herzen zu erhalten, muss die Zeitauflösung (vergleichbar mit den Verschlusszeiten eines Fotoapparates) des CT so gut wie möglich sein. Dies wird erreicht durch eine sehr schnelle Umlaufzeit der Gantry von 0,4 s, durch die in Verbindung mit speziellen Bildaufnahme- und Bildberechnungstechniken eine Zeitauflösung von bis zu 100 Millisekunden erzielt wird.
Während der Untersuchung muss der Patient die Luft anhalten, um Unschärfen durch eine Bewegung des Brustkorbs zu vermeiden. Dabei ist entscheidend für Bildqualität und Patientenkomfort, dass die gesamte Untersuchungszeit sehr kurz ist.
Durch die Aufnahme von bis zu 16 sehr dünnen Schnittbildern pro Rotation gelingt eine dreidimensionale Darstellung des Herzens mit 0,5 mm Auflösung mit einem Scan in einer 15 Sekunden Atempause. So können auch kleinste Veränderungen im Herzen und in den Gefäßen dargestellt werden.
Klinische und wirtschaftliche Aspekte
Der Herzinfarkt infolge einer koronaren Herzkrankheit (KHK) ist eine der Haupttodesursachen in fast allen Industrienationen. Im Jahr 2000 starben mehr als 1.000.000 Menschen in Europa und den USA und allein 77.000 Menschen in Deutschland an den Folgen eines Herzinfarktes. Häufigste Ursache für den Herzinfarkt sind Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen, die aufreißen können und dann zu Verschlüssen und Unterbrechung des Blutflusses führen. Die invasive Koronarangiographie (Herzkatheter) ist derzeit die Methode der Wahl zum Nachweis von Engstellen in den Herzkranzgefäßen und deren Behandlung durch Aufdehnung der Gefäße zur Wiederherstellung des Blutflusses. Allerdings werden mehr als 50% der Herzkatheter-Untersuchungen zu rein diagnostischen Zwecken durchgeführt und bleiben oft ohne therapeutische Konsequenz. Die Herzkatheter-Untersuchung ermöglicht ausschließlich die Beurteilung des Gefäßinnenraums mit möglichen Engstellen, nicht aber der Gefäßwand mit den darin möglicherweise vorhandenen Ablagerungen. Durch die Invasivität ist eine Herzkatheteruntersuchung mit einer Komplikationsrate von bis zu 1% (Herzinfarkt, Schlaganfall, Tod) verbunden.
Bei der Herzuntersuchung mittels CT können Engstellen und Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen in einem frühen Stadium ohne invasiven Einsatz eines Herzkatheters dargestellt werden. Damit kann die neue Methode ohne die Gefahr von Komplikationen zur Früherkennung und Diagnose einer Erkrankung der Herzkranzgefäße und zur Erkennung möglicherweise gefährlicher Ablagerungen genutzt werden. Auch während einer pharmakologischen Therapie oder nach einer invasiven Behandlungen des Herzens z.B. nach einer Aufdehnung einer Engstelle in den Herzkranzgefäßen mit einem Ballonkatheter oder nach einer Bypass-Operation kann der Behandlungserfolg kontrolliert werden.
Die Untersuchungskosten liegen deutlich unter denen des Katheters: Zum einen ist die Herz-CT-Untersuchung weniger personalintensiv, zum anderen kann ein CT auch für andere diagnostische Zwecke eingesetzt werden. Außerdem wird ein Großteil der Katheter-Untersuchungen stationär durchgeführt, und die Patienten werden nach dem Eingriff in der Regel mindestens zwölf Stunden überwacht. Das Herz-CT kann ambulant durchgeführt werden, eine Überwachung des Patienten nach der Untersuchung ist nicht erforderlich.
Informationen und Kontakt zum Deutschen Zukunftspreis unter:
Internet: www.deutscher-zukunftspreis.de
Das Vorschlagsrecht zum Deutschen Zukunftspreis obliegt den führenden deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Stiftungen.
Das Projekt „Blick ins Herz - ohne Katheter“ wurde von der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring vorgeschlagen.