Nominiert zum Deutschen Zukunftspreis 2022
Die Grundlagen des Lebens erforschen – ein neuartiges Mikroskop für die schonende 3-D-Abbildung lebender Zellen
Einzel-O-Töne zum Download
Hier die Statements zum Projekt „Die Grundlagen des Lebens erforschen – ein neuartiges Mikroskop für die schonende 3-D-Abbildung lebender Zellen“.
- Podcast über das Projekt (mp3) (06:15)
- O-Ton Kalkbrenner zum Einsatzfeld Alaria (mp3) (00:34)
- O-Ton Kalkbrenner zur Problemstellung (mp3) (00:29)
- O-Ton Siebenmorgen zur Lichtblattmikroskopie (mp3) (00:11)
- O-Ton Wolleschenksy zur Präzision (mp3) (00:26)
- O-Ton Wolleschenksy zu Probengefässen (mp3) (00:56)
Text zum Podcast
Opener
Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von #DZP – dem Wissenschaftspodcast Mein Name ist Michael Bachmann
Am 26. Oktober ist es wieder soweit – dann wird in Berlin der Deutsche Zukunftspreis durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verliehen. Nominiert wurden durch die Jury drei Teams, die wir Ihnen in dieser Podcast-Reihe vorstellen möchten. Und wir starten heute mit Team 1, das mit einem neuartigen Mikroskop zur schonenden Darstellung von lebenden Zellen auf Aufsehen sorgt.
Und das ist das Team:
Die drei Wissenschaftler arbeiten für Carl Zeiss Microscopy in Jena. Der Sprecher des Teams, Dr. Thomas Kalkbrenner ist Teamleiter und Lead Architect R&D Special 3D, Jörg Siebenmorgen Entwicklungsprojektleiter im Bereich Advanced Development und Ralf Wolleschensky leitet den Bereich Advanced Development.
Die drei haben es geschafft, ein großes Problem, das mit der modernen, hochauflösenden Fluoreszensmikroskopie einher geht, zu lösen. Und das ist deswegen so wichtig, weil wir dank dieser Mikroskopie wissen, wie sich Leben entwickeln, wie aber auch Krankheiten entstehen und diese behandelt werden können. Aber bislang hatte diese Darstellung eben einen Haken. Dr. Thomas Kalkrenner erklärt es uns:
O-Ton Dr. Thomas Kalkbrenner
„Das Problem bei der Fluoreszenzmikroskopie ist, dass Zellen durch die Beobachtung selbst geschädigt werden können. Das liegt daran, dass für die Anregung der Fluoreszenz sehr hohe Laserleistungen notwendig sind und das führt eben zur Schädigung der Zellen. Wir verwenden hier immer gerne das Bild der 1.000 Sonnen. Ein herkömmliches High-End Fluoreszenzmikroskop bestrahlt die Probe mit dem tausendfachen Sonnenlicht unserer Erde.“
Im schlimmsten Fall entstehen so falsche Forschungsergebnisse – das nennt man dann Phototoxizität. Um das Problem zu lösen, mussten die Forscher gleich an mehreren Stellen mit den Konzepten der klassischen Mikroskopie brechen. Dazu bauten sie die sogenannte Gitter-Lichtblatt-Mikroskopie aus und verbanden diese mit innovativen optischen Elementen Jörg Siebenmorgen:
O-Ton Jörg Siebenmorgen
„Man kann sagen, bei der Lichtblatt-Mikroskopie wird nur der Teil des Organismus beleuchtet, der auch tatsächlich detektiert wird. Und genau das ist es, was die Lichtblatt-Mikroskope unglaublich probenschonend macht.“
Ein Hochpräzisionswerkzeug, das Team-Mitglied Ralf Wolleschensky so beschreibt:
O-Ton Ralf Wolleschensky
„Die Genauigkeitsanforderungen sind in etwa so hoch, als würde man ein etwa zwei Meter breites Auto durch einen Tunnel steuern, der 200 Meter lang ist und links und rechts hat man nur einen Millimeter Platz. Und das bei einer Geschwindigkeit von bis zu 100 Kilometer pro Stunde. Und jeder, der schon mal durch eine Autobahnbaustelle gefahren ist, weiß wie anstrengend das wird."
Damit war zwar die ein Weg gefunden, um die Zellen zu schonen und auch langfristig zu beobachten. Aber schon warteten weitere Herausforderungen auf die Wissenschaftler, wollten sie ihr neues Verfahren flächendeckend zum Einsatz bringen. Auch wenn es zunächst banal klingt, aber das System musste unbedingt kompatibel mit herkömmlichen, normalen Probengefäßen wie Petrischalen oder Multiwellplatten die weltweit und in jedem Labor im Einsatz sind, sein. Nochmal Ralf Wolleschensky:
O-Ton Ralf Wolleschensky
„In solchen Probengefäßen werden die Zellen kultiviert und zwar immer auf einem Glasboden und durch diesen Glasboden kann ein herkömmliches Mikroskop einfach von unten durchschauen und die Proben betrachten. Sie finden solche Probengefäße weltweit in jedem Labor. Sämtliche Zellkultivierungsschritte sind optimiert für diese Art von Probengefäßen. Und die Forscherinnen und Forscher erwarten, dass sie die Proben in genau solchen Gefäßen betrachten können. Jetzt kommen wir mit unserer Lichtblattanordnung und mit der kommen wir erstmal gar nicht in solche Gefäße hinein. Das heißt wir müssen diese Lichtblattanordnung verkippen und schrägt durch den Glasboden schauen – und das geht eigentlich physikalisch gar nicht. Uns war von Anfang an klar, dass dies eine komplexe Aufgabenstellung für ein bis dato ungelöstes Problem in der Mikroskopie ist.Wir mit unserem Team haben es trotzdem gemacht und nach mehreren Anläufen auch eine Lösung gefunden.“
Und so ist es Team 1 zu verdanken, dass hochempfindliche, lebende Proben lange mikroskopisch beobachtet werden können. Ein Fortschritt, der ganz neue Untersuchungen möglich macht und schon jetzt von der Wissenschaft gefeiert wird, wie Dr. Kalkbrenner am Beispiel der Malariaforschung erläutert:
O-Ton Dr. Thomas Kalkbrenner
„Eine Forschergruppe hat mit unserem System erstmals Prozesse im komplexen Lebenszyklus dieses schlimmen Parasiten sichtbar machen können und sie konnten dadurch auch Proteine identifizieren, deren Fehlen diesen Prozess unterbinden kann und das ist ein wesentlicher Ansatzpunkt für mögliche Wirkstoffe. Seitdem die Forscher ihre Arbeit publiziert haben, steht das Telefon nicht mehr still, weil eine Tür zu etwas Neuem in diesem ungelösten Problem aufgegangen ist.“
Und an Malaria sterben jährlich rund 600.000 Menschen.
Das war Team 1 mit dem Projekt „Die Grundlagen des Lebens erforschen – ein neuartiges Mikroskop für die schonende 3-D-Abbildung lebender Zellen.“
Im nächsten #DZP Wissenschaftspodcast stellen wir Ihnen dann das zweite Team vor, das Elektroautos in wenigen Minuten aufladen kann und damit einen relevanten Beitrag zur Energiewende leisten könnte. Lassen Sie sich überraschen oder schauen Sie schon mal auf die DZP-Webseite unter www.deutscher-zukunftspreis.de.